Tutorial: Die Milchstraße fotografieren
Wer kennt sie nicht: die gigantischen Aufnahmen von sternenklaren Nächten mit einem fantastischem Himmel, unzähligen Sternen und einer klar sichtbaren Milchstraße. Ich denke, diese Aufnahmen sind so faszinierend, weil kaum ein Mensch je so einen Sternenhimmel in Natura gesehen hat. Dennoch sind diese Fotos echt – die Kamera sieht bei solchen Fotos mehr als das menschliche Auge. Und das macht sie so besonders.
Doch wie fotografiert man die Milchstraße? Im Netz gibt es zahlreiche Tutorials, also will ich mich möglichst kurz fassen. Man braucht eine gute Kamera (das ist einer der wenigen Anwendungsfälle, wo eine professionelle Kamera wirklich den Unterschied machen kann), ein gutes Objektiv, wenig Licht, passendes Wetter, Planung und etwas Nachbearbeitung.
Die technischen Voraussetzungen
Was heißt das bei der Technik im Detail? Die Kamera sollte bei hohen ISO möglichst wenig rauschen und aus wenig Licht viel machen können. Also ist Vollformat von Vorteil (APS-C und mFT kann aber auch gehen). Zudem braucht man schnelles Glas (lässt mehr Licht durch) mit einer Menge Weitwinkel (man kann länger belichten). Idealerweise hat mein ein Objektiv, welches man mit f/2.8 oder größer öffnen kann bei um die 16mm (KB), also ein Ultraweitwinkel. Es gehen natürlich auch andere Objektive, aber damit ist man gut aufgestellt.
Die Kameraeinstellungen wählt man anschließend so, dass man in größtmöglicher Dunkelheit so viel Licht wie möglich einfangen kann. Man öffnet also die Blende, schraubt die ISO hoch und belichtet für mehrere Sekunden – also ist auch ein Stativ Pflicht. Beim Bild aus diesem Artikel habe ich folgende Einstellungen gewählt:
- ISO: 3200
- Blende: f/2.8
- 12mm Brennweite
- 25 Sekunden Belichtungszeit
Die Belichtungszeit wählt man immer so, dass man so lange wie möglich belichten kann, ohne dass sich die Sterne von Punkten in Striche verwandeln. Das ist abhängig von der Brennweite. Heißt: Umso kürzer die Brennweite, desto länger kann belichtet werden. Der Grund: Die Erde dreht sich. Damit wandern die Sterne, wenn man zu lange belichtet. Sie bilden dann Striche und sind keine Punkte mehr.
Eine gute Faustregel für die Belichtungszeit ist die so genannte 500er Regel. Das heißt, man kann 500/Brennweite (KB) lang belichten, ohne dass die Sterne zu Strichen werden. Bei meinem 12mm-Objektiv hätte ich also maximal 41 Sekunden belichten können. Da man am besten ein paar Sekunden nach unten „Platz“ lässt und Belichtungen über 30 Sekunden an der Sony A7II nur per Fernauslöser erledigt werden können, habe ich 25 Sekunden belichtet und war auf der sicheren Seite.
Ort und Zeit
Enorm wichtig ist bei Milchstraßenfotos die Planung. Zuallererst sollte man gutes Wetter haben. Wenn zu viele Wolken am Himmel sind, kann man auch keine Sterne fotografieren. Zudem muss es wirklich dunkel sein, um die Milchstraße einzufangen. Das bedeutet, dass man sich 1. an einem Ort aufhalten muss, der wenig durch Licht verschmutzt ist (in Deutschland schwierig machbar) und 2. der Mond nicht zu hell leuchten darf.
Um die Lichtverschmutzung herauszufinden, gibt es nützliche Websites, wie bspw. Light Pollution Map. Dort kann man einen Ort suchen und direkt auf einer Karte sehen, wie sehr dieser durch Licht verschmutzt ist. Generell kann man sagen, dass es in der Nähe von größeren Orten immer schwerer ist als auf dem Land. Die Mondphasen kann man sich am besten über eine App suchen, bspw. Photopills.
Ebenfalls entscheidend ist die Position der Milchstraße selbst. Diese ist abhängig von den Jahreszeiten und natürlich von der Uhrzeit. Im Sommer ist die Milchstraße meist schwieriger zu fotografieren, weil sie dann zu tief steht. Der spannendste Bereich der Milchstraße ist das so genannte galaktische Zentrum, welches viele Farben und Wolken zeigt. Zu bestimmten Jahreszeiten, ist dieses aber nicht zu sehen, weil es zur Dunkelheit bereits unterhalb der Horizontlinie liegt. Außerdem wird es im Norden im Sommer einfach nicht dunkel genug in der Nacht.
Die Milchstraße selbst wandert übrigens recht schnell – bzw. die Erde dreht sich. Daher ist die Uhrzeit entscheidend, zu der man fotografiert. Am besten prüft man den Stand der Milchstraße mit einer App. Photopills bietet dafür einen hervorragenden Augmented Reality Modus an, mit dem man die Position der Milchstraße zu einer bestimmten Uhrzeit herausfinden kann. Am Rechner kann man Fotos der Milchstraße übrigens gut mit dem Gratis-Programm Stellarium planen.
Vorgehen vor Ort
Da es vor Ort stockdunkel ist, sieht man auch die Milchstraße mit bloßem Auge nur Schemenhaft. Auf dem Display der Kamera sieht man sogar meist gar nichts. Also sollte man vorher grob ausmachen, in welcher Richtung sich die Milchstraße befindet, damit man seine Position gut wählen kann.
Anschließend kann man sich einen mehr oder weniger interessanten Vordergrund suchen. Ohne diesen ist das Bild oft trotz toller Milchstraße ein bisschen langweilig. In meinem Fall ist dies ein Baum gewesen, sicher nicht die beste Wahl, aber ok. Diesen habe ich leicht mit dem Handy angeleuchtet, damit er nicht völlig in der Dunkelheit untergeht. Wer keinen spannenden Vordergrund findet, kann natürlich auch selbst etwas im Bild platzieren. Sehr beliebt sind Selfies, bei denen man lange ruhig im Bild stehen muss.
Nun stellt man die Kamera entsprechend ein und macht ein paar Aufnahmen. Dabei kann man mit der Belichtungszeit und der ISO variieren, um herauszufinden, welche Kombination am besten passt. Bei den fertigen Bildern auf dem Display kann man dabei schon ganz gut sehen, ob die Milchstraße gut zu sehen ist. Es empfiehlt sich selbstverständlich RAW zu fotografieren.
Wer es komplizierter mag, kann auch verschiedene Aufnahmen für den Vorder- und Hintergrund machen. Dabei kann man für den Vordergrund bspw. deutlich länger belichten (da gibt es das Problem mit den Strich-Sternen ja nicht) und dafür mit der ISO runter gehen. Wenn man Vorder- und Hintergrund später in Photoshop zusammensetzt, bekommt man als Dank ein Bild, das insgesamt weniger rauscht und schärfer wirkt.
Absolut empfehlenswert ist übrigens eine Taschenlampe, damit man sich 1. sicher bewegen kann und 2. Einstellungen an der Kamera und am Objektiv vornehmen kann. Außerdem kann man mit dieser mit etwas Übung auch gut den Vordergrund ausleuchten.
Die Nachbearbeitung
Hat man die Aufnahmen im Kasten, kann man diese nach Gusto in Lightroom und Photoshop bearbeiten. Ich gehe dabei von einem oder zwei Basis-RAWs (Vorder- und Hintergrund) aus und bearbeite sie entsprechend. Am wichtigsten finde ich dabei einen passenden Weißabgleich (ein Nachhimmel ist nicht blau) und eine passende Menge Kontrast. Wer eine aktuelle Lightroom-Version nutzt, sollte auch mal mit dem „Dunst entfernen“-Regler spielen, der gerade am Himmel oft gute Ergebnisse erzeugt.
Entscheidend ist außerdem eine gute Kombination aus Schärfen und Rauschentfernung. Dabei gehe ich so vor, dass ich in Photoshop per Luminanzmaske die hellen Stellen auswähle (also bspw. die Sterne) und diese schärfe und die dunklen Stellen mit Rauschentfernung versehe.
Ein Patentrezept für die Bearbeitung gibt es meines Erachtens nicht. Man muss viel ausprobieren und vor allem mit lokalen Anpassungen arbeiten.
Hier das originale RAW im Vergleich zum eingestellten RAW. Man sieht, dass einiges bereits in Lightroom herausgeholt werden kann.
In Photoshop habe ich dann vor allem eine Perspektivkorrektur vorgenommen (das genutzte Objektiv war ein Fisheye) sowie den Kontrast und die Schärfe angepasst. Außerdem habe ich für den Vordergrund eine heller beleuchtete Version genommen.
„Fehler“ im Beispielbild
In meinem Beispiel habe ich ein paar Fehler gemacht. Diese ruinieren das Bild zwar nicht, aber es hätte eben auch besser sein können. Was hätte ich optimieren können?
1. Habe ich das Bild zu spät geschossen. Das galaktische Zentrum war bereits untergegangen, auch wenn ein Großteil der Milchstraße noch gut sichtbar ist.
2. War es zu hell. Ich habe das Bild an der Ostsee geschossen. Das war nicht die optimale Position, auch wenn sie nicht schlecht war. Der helle Ort im Bild ist Greifswald – keine Großstadt aber dennoch sehr hell. Die Lichtverschmutzung ist also klar sichtbar.
3. Der Vordergrund ist kein Highlight und auch nicht optimal ausgeleuchtet.